Vom 20. März bis Ende Mai 2016 waren textile Werke von sechs zeitgenössischen Künstlerinnen in den historischen Prunk- und Ausstellungsräumen des Oldenburger Schlosses zu entdecken. Zarte Roben, die nur aus Fadengespinnsten bestanden, gestickte Augäpfel, die an langen Stäben schwangen, wogende Gräser, die aus Fäden und Draht gewickelt waren, ein genähter Biedermeiertisch, der durch die Luft schwebte, oder papierene Kleidungsstücke, die aussahen als seien sie aus Holz, erwarteten die Besucher. Und darüber hinaus legte ein Video – nicht ganz ernst gemeint – nahe, den Oldenburger Idyllen-Zyklus nachzusticken. Selbst Geister, dienstbare Geister, waren in den alten Gemächern zu finden: kleine graue Filz-Mamsellchen bevölkerten diejenigen Stellen, an denen sich Wollmäuse sammeln könnten …

 

Bei dieser einmaligen Präsentation verwiesen die kreativen Kunstobjekte der Gegenwart auf die bewegte Geschichte des Schlosses. Sie nahmen fantasievoll st!chproben des gesamten musealen Hauses. Sowohl Exponate der Sammlungsbereiche als auch die Ausstattung des Schlosses fanden Beachtung in jeweils ortsspezifischen Inszenierungen. Die st!chproben waren jedoch keine historisch-illustrative Schau. Vielmehr waren die Werke der sechs Künstlerinnen als aktuelle Kommentare und Anmerkungen zu verstehen, die mit der bestehenden Präsentation auf Tuchfühlung gingen und sie reflektierten. Dabei zeigten sich die zeitgenössischen Positionen im historischen Ambiente mal provokant, mal zurückhaltend. Immer entstand aber ein Wechselspiel aus spannungsreichen Bezügen, interessanten Korrespondenzen und anregenden Dialogen.

 

Der Titel st!chproben verwies einerseits auf das Exemplarisch-Punktuelle der Auswahl, andererseits auf das Textile als Medium und Material dieser Sonderausstellung. Das Vertraute, Alltägliche, beinahe Private des Textilen und der textilen Techniken baute Distanzen ab, rückte die aktuelle Kunst an die Besucher heran und erleichterte die Begegnung. Hierbei eröffneten diese st!chproben unterhaltsame neue Blicke auf das Oldenburger Schloss und seine Exponate.

 

Gezeigt wurden Objekte und Installationen von Ingrid Fähmel, Marianne Herbrich, Mechthild Jülicher, Susanne Klinke, Ulrike Lindner und Birgit Reinken.

 

Zu den st!chproben erschien ein Katalog, der als roter Faden beim Gang durch die historischen Prunkräume und die Sammlungen genutzt werden konnte.

 

aus: Programmheft des Landesmuseums Oldenburg